Greek
Oper in zwei Akten
Kurzinformationen:
Musik:
Mark-Anthony Turnage
Libretto:
Mark-Anthony Turnage und Jonathan Moore
Musikalische Leitung:
Sian Edwards
Inszenierung:
Jonathan Moore
Bühne und Kostüme:
David Blight
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Weitere Vorstellungen:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Greek
Oper in zwei Akten
Götter und Könige kommen in diesen neuen Stücken ohnehin kaum vor, und wenn, dann maskiert – es sind die demütigen, gedemütigten Leute von der Straße oder aus den entlegenen Tälern, die Unbekannten, Namenlosen, deren Geschick unsere Musiken beweinen, miterleben, miterleiden.
Bei Mark-Anthony Turnage, der sich selbst und mit Hilfe von Jonathan Moore ein Libretto gemacht hat, das auf Steve Berkoffs Theaterstück „Greek“ basiert, erscheinen Ödipus, Jokaste, Kreon und andere, tragen aber heute üblichere Namen wie Eddy, Doreen, und Dad und Mom und so weiter. Sie sind mittellose kleine Leute aus den heutigen Londoner East End-Slums, sie verbringen ihren Alltag zwischen miserablen Wohnstuben und ebenso miserablen Cafés. Nur die Sphinx hat ihren Namen beibehalten, und Eddy wird sie töten, weshalb die Geschichte auch weniger tragisch endet, eigentlich sogar mit einer Art Happy-End. Und Theben ist das London von heute, und die Pest, das ist die Arbeitslosigkeit, die brutale Polizei, der Rassismus, die Hoffnungslosigkeit, das schlechte Essen, die giftige Luft. Die Leute drücken sich in der bilderreichen Cockney-Sprache der Arbeiterklasse aus, die auch die Sprache von Mark-Anthony Turnage ist und auch seinem (irischen) Regisseur und Co-Autor Jonathan Moore nicht fremd ist. Ich habe den Eindruck – ich kenne im Augenblick nur den 1. Akt -, daß die Vitalität, die Direktheit des Cockney-Vokabulars im Wechselspiel mit der Musik steht, mit ihrer jugendlichen Wildheit und Angriffslust. Die Musik entsteht übrigens ganz langsam und sorgfältig, man sieht es auch am schönen Notenbild, doch tendiert diese Akribie eben nicht in das Zerebrale des Elfenbeinturms, vielmehr ist sie eine neue Art von Kunst-Musik: kompromisslos in einer Sphäre ambientiert, wo man solchen Sound bisher nicht vermutet hätte, mit der Sprache des eigenen Milieus beschäftigt, an ihr sich orientierend und kräftigend, sich mit ihr identifizierend, mit ihren Redensarten und Unfeinheiten, bis vielleicht eine Cockney-Musik dabei herausschaut, eine Eroberung, eine neue Präsenz.
(Text: Hans Werner Henze, Experimente)