Broken Strings
Oper in einem Akt
Kurzinformationen:
Musik:
Param Vir
Musik:
Param Vir
Spieldauer:
60 Minuten
Auftragswerk der Landeshauptstadt München
Koproduktion mit der Nederlandse Opera, Amsterdam
Licht:
Jean Kalman, Hugo van Uum
Kostüme:
Chloe Obolensky
Bühne:
Chloe Obolensky, Jannis Kounellis
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Muffathalle
Weitere Vorstellungen:
Muffathalle
Muffathalle
Broken Strings
Oper in einem Akt
Eine Reihe von Fragen bereiteten mir zu Beginn dieses Abenteuers große Sorgen. Wie beispielsweise sollte das viersaitige Instrument dargestellt werden? [...] Und worin sollte Musils 'Makel' bestehen, da seine technische Fertigkeit doch makellos ist? [...] Musils tatsächliches Scheitern hat nichts mit Musik zu tun. Er ist unfähig, die magischen Tiere zu sehen. Wahres Sehen ist die Metapher für wahres Hören, wie wahres Hören (gemeint ist inneres Hören) die Metapher für richtiges Leben ist. Wenn Musils technisch ausgereifte Darbietung von den Preisrichtern als 'großartig - aber nicht genug' abgetan wird, müssen wir uns fragen: warum ist Musils Musik 'nicht genug'? Die ganze Dynamik des Wettbewerbs hängt von dieser Frage ab: was heißt 'genug'? Die Antwort darauf schält sich im Verlauf von Guttils Darbietung heraus. Aber schon in der Art, wie ich Musils Musik charakterisierte, lag ein Hinweis versteckt. Ich wies auf einen interessanten Mangel hin, den man sowohl wörtlich als auch symbolisch auffassen kann. Musils Musik fehlt die Bassstimme. Ihr mangelt es an Wurzeln, einem Fundament in den Erdschwingungen, an Tiefe. Guttils Basssaite, welche die Verbindung zur Erdenergie und zum Elefanten herstellt, reißt als erste. Von der Erde aus, verwurzelt, mit Tatkraft erfüllt, 'geerdet', beginnt er seine Reise die Himmelsleiter hinauf. Bei Musil fehlt jeder Hinweis auf eine solche Reise. Sein verhängnisvoller Makel wird dadurch betont, daß er zweimal die Saiten seines Instruments tiefer stimmt, um die Niederlage zu vermeiden. [...] Sein Versuch ist jedoch zum Scheitern verurteilt, es ist nur eine Karikatur von Guttils Reise, und Musil wird weggejagt. [...]Was die Stilisierung betrifft, stellte sich die Frage, wie die eigentliche Zerstörung der vier Saiten umgesetzt werden sollte. Doch noch wichtiger war die Definition der vierten Saite selbst. Sie gehörte einer ganz anderen Gattung von Saiten an, denn sie brachte uns das Ende der egozentrischen Zeit und Erfahrung. [...] Erst nach vielen weiteren Librettoentwürfen verstanden wir, daß die vierte Kreatur das magischste Wesen der ganzen Erde sein musste - der Mensch selbst. Der vollendet magische Guttil war schon die ganze Zeit dagewesen und hatte 'Hier bin ich' gesungen. Dies war die scharfsinnigste und bewegendste Realität, die er erlangen und bestätigen konnte - seine eigene Totalität, das 'Ich bin', wurzelnd in nicht-egoistischer Zeit und Raum.
(Text aus: Param Vir, Zu den Opern Von den Göttern verschlungen und Gerissene Saiten)