The Juniper Tree
An Opera in One Act
Kurzinformationen:
Musik:
Roderick Watkins
Libretto:
Patricia Debney
Musikalische Leitung:
Markus Stenz
Inszenierung und Kostüme:
David McVicar
Bühne:
Michael Vale
Licht:
Tina MacHugh
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Muffathalle
Weitere Vorstellungen:
Muffathalle
Muffathalle
The Juniper Tree
An Opera in One Act
[…] “Im Unterschied zu dem Märchen ‘Von dem Machandelboom’ offenbart sich im Libretto eine fast minimalistische Fassung der Geschehnisse. Die Textmenge ist erheblich reduziert, die Prosa in Versform verdichtet worden. Die Dialoge werden extrem knapp geführt, jegliche Momente der Alltagskonversation ausgespart. Patricia Debney beschränkt sich auf die zentralen Bausteine der Erzählung, die sie analytisch herausarbeitet; die unterschiedlichen Bewusstseinszustände der Protagonisten präsentiert sie dabei in einer Art innerem Monolog.
Nicht zuletzt diese äußerste Reduktion ermöglichte es Roderick Watkins, das Sujet mit Musik auszufüllen. Wo der Text noch nicht alles sagt, bleiben Freiräume, die sich einer klanglichen Illustrierung öffnen. Watkins´ Partitur verhält sich zur dramatischen Ebene jedoch nicht komplementär, sie verliert sich nicht in geballten Klangverdichtungen, sondern strebt ebenfalls nach Verknappung und Klarheit. Durchhörbar wünscht sich der Komponist seine Musik, und aus diesem Grunde vertraut er eher seiner Intuition als komplizierten Konstruktionen, bei denen sich die einzelnen musikalischen Ereignisse allzu sehr überlappen und gegenseitig verdecken würden.[...]
Entsprechend der vorrangigen Stellung der perkussiven Instrumente fällt die rhythmische Komponente in Watkins´ Partitur am stärksten ins Auge. Immer wieder arbeitet er mit Akzentverschiebungen, wobei sich die synkopische Ausgestaltung nicht nur taktübergreifend, sondern gleichermaßen innerhalb einzelner rhythmischer Keimzellen äußert. Auch die Gesangsstimmen weisen eine rhythmische Orientierung auf, sie sind über weite Strecken aus dem natürlichen Sprachfall komponiert und erhalten somit eine deklamatorische Note. Niemals begnügt sich das Orchester mit einer rein begleitenden Funktion; Watkins strebt vielmehr eine Gleichberechtigung der instrumentalen und der solistischen Parts an, die sich untrennbar ineinander verweben. Watkins´ ‚Juniper Tree’ ist kein lautes, marktschreibendes oder effektheischendes Stück, der Komponist selbst beschreibt viele seiner Werke als sehr ‚ruhig und leise’. Tatsächlich ist auch in dieser Oper ein gewisser Pianissimo-Kult nicht zu übersehen: Kaum eine Seite, auf der nicht mit den unteren Extrembereichen des dynamischen Spektrums gespielt wird; an einigen Stellen sieht Watkins gar ein vielfaches Piano vor – Musik an der Schwelle zur Hörbarkeit.
Ein ungewohntes Kolorit erhalten schließlich die Szenen, in denen der Wundervogel zum Einsatz kommt: Für diese – und nur diese – Sequenzen hat Roderick Watkins synthetische Klänge entwickelt, die von einem Computer erzeugt werden. Warum? Es geht ihm darum, das übernatürliche Phänomen der Verwandlung adäquat in Klänge zu setzen und die Metamorphose, die der tote Junge durchschreitet, zu versinnbildlichen. Und für solch transzendentale Vorgänge erscheint ihm die Farbpalette des traditionellen Orchesterinstrumentariums dann doch zu begrenzt.
(Text aus: Susanne Stähr, Aus ewiger Quelle, Vom Machandelboom zum Juniper-Tree: Das Märchen in der Oper von Roderick Watkins)