Pnima ... ins Innere
Kurzinformationen:
Musik:
Chaya Czernowin
Musikalische Leitung:
Johannes Kalitzke
Regie:
Claus Guth
Ausstattung:
Christian Schmidt
Licht:
Michael Bauer
Video:
Alexander Buresch, Kai Ehlers
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Weitere Vorstellungen:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Pnima ... ins Innere
[…] Wüsste man nicht, dass David Grossmans Roman die Initialzündung zu Chaya Czernowins Musiktheater bildete, würde man nicht von selbst auf diesen Gedanken kommen. Mehr als das Psychogramm der beiden Protagonisten hat das Musiktheater „Pnima“ mit „Stichwort: Liebe“ tatsächlich nicht gemein. Und das ist die Absicht, denn der Komponistin geht es keineswegs um die konkreten Begebenheiten, um den geschilderten Einzelfall. Und auch nicht um die besondere historische Situation. „’Pnima’ ist kein Musiktheater über den Holocaust“, betont Chaya Czernowin. „Viel grundsätzlicher handelt das Werk davon, wie wir mit traumatischen Erfahrungen umgehen:“ [...]
In „Pnima“ gibt es keine Handlung, keine Dialoge; die Dramaturgie durchwandert vielmehr das Seelenleben der beiden Protagonisten, sie tastet psychologische Strukturen ab. Und weil die Verhaltensmuster, die aufgespürt werden, keineswegs eindimensional und schematisch sind, behilft sich Chaya Czernowin mit einem musikalischen Kunstgriff: der alte Mann und der kleine Junge verfügen nicht über jeweils eine Stimme; jeder der beiden Figuren, die auf der Bühne von zwei Mimen dargestellt werden, sind im Orchestergraben zwei Sänger bzw. im Falle des Kindes zwei Sängerinnen zugeordnet. Deren Gesang ertönt „live“ während der Aufführung, wurde zusätzlich aber bereits aufgezeichnet und in weitere „Unterstimmen“ geteilt und verfremdet, so dass jede natürliche Stimme ein ganzes Bündel divergierender Farben und Charaktere entfaltet. Die mannigfaltigen Impulse, die das Psychogramm der Protagonisten ergeben, werden dadurch äquivalent widergespiegelt.
Die Besucher sollten sich an die Stelle des kleinen Jungen begeben, wünscht sich Chaya Czernowin: etwas erleben, das man auf Anhieb nicht verstehen kann, sich mit versteckten Botschaften befassen, ohne sie wirklich entschlüsseln oder einordnen zu können. Und dabei den Widerspruch ertragen, dass man von genau dem, was sich einem zu entziehen scheint, gleichzeitig nicht mehr losgelassen wird. Oder, wie Chaya Czernowin es formuliert: „Man ist gefangen von einem rätselhaften Traum, der doch so dringend enträtselt werden müsste.“
(Text aus: Susanne Stähr, „Pnima...Ins Innere: Chaya Czernowins musikalische Seelenreise“)