architektur des regens
Musiktheater nach Zeami
Kurzinformationen:
Musik:
Klaus Lang
Idee:
Klaus Lang und Claudia Doderer
Libretto:
nach Motokiyo Zeami, übersetzt und bearbeitet von Klaus Lang
Musikalische Leitung:
Mark Rohde
Inszenierung, Bühne, Kostüme:
Claudia Doderer
Choreographie:
Sophie Abrioux
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Weitere Vorstellungen:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Gasteig/Carl-Orff-Saal
architektur des regens
Musiktheater nach Zeami
Die Bühne ist auf das Podium des Carl-Orff-Saals gebaut, ein Raum im Raum. Das Prinzip setzt sich im Bühneninneren fort als eine Perspektive, die Aufmerksamkeit sammelt, ohne den Blick zu verengen. Am Anfang der Oper erklingt ein Flötenmotiv, vier Töne, kurz, und doch von ruhiger Weite. Danach Pause. Die Musik lässt dem Auge Zeit. Diese Oper zielt nicht auf eine Kumulation der Ereignisse, sondern auf Klarheit.
Das Werk ist aus einem Guss. Klaus Lang, Autor der Musik und ihres Textes, und Claudia Doderer, Bühnenkünstlerin, erarbeiteten die architektur des regens. von Anfang an im ständigen Austausch. Den Titel wählte Lang als bewusstes Paradox. „Er trägt in sich Paare von Gegensätzen, die die formale und inhaltliche Struktur der Oper prägen: Künstliches – Natürliches, Amorphes – Gestaltetes, Vergängliches – Beständiges etc. Der Regen steht als Metapher für das Amorphe, das Ungreifbare im Gegensatz zum klar Geformten und geordnet Fassbaren, das mit dem Begriff der Architektur verbunden ist. Weite Teile von architektur des regens. können akustisch und visuell folgendermaßen beschrieben werden: Aus Flächen von Klang kristallisieren sich Konturen in Form von Gesangslinien und Text, so wie Figuren aus den Räumen hervortreten und wieder mit ihnen verschmelzen. Die Bilder changieren zwischen den beiden Extremen der Graphik und der räumlichen Tiefe.“
Worum geht es? Der Kammeroper liegt ein Stück aus dem japanischen Nô-Theater zugrunde, Shiga von Motokiyo Zeami (ca. 1363 – 1443). Auf einer Bergwanderung begegnet ein Mann aus der Stadt einem Holzfäller, der großes Verständnis für die Schönheit der Natur und die Kunst der Naturbetrachtung zeigt. Die Erörterung dieser Themen kommt eigentlich nur der geistigen Elite, nicht den einfachen Leuten zu. Im Traum erscheint der Holzfäller dem Städter erneut – als die Gottheit von Shiga, der Poet Otomo Koronushi, eine der drei Gottheiten der Dichtkunst. „Ist es nur ein Traum, oder ist es die wahre Natur des Holzfällers, die der Mann aus der Stadt erst zu sehen bekommt, nachdem er in der Begegnung mit dem Holzfäller seine Vorurteile überwinden lernte? Hat sich nicht der Mann aus der Stadt verwandelt, indem er im Holzfäller die Gottheit erkannte? Das Höchste ist im Niedrigsten nicht nur enthalten, es ist eigentlich dasselbe.“ (Klaus Lang)
Die Oper ist relativ klein besetzt. Die Partitur verlangt für die Protagonisten – die Poesie in Gestalt des Holzfällers und den Mann aus der Stadt – zwei solistische Sopranstimmen, für die Poesie als Gottheit eine Tänzerin, dazu einen Chor von drei Bassstimmen, außerdem ein Instrumentalensemble von acht Spielern. Der Klang wirkt allerdings durch die Art der Komposition oft wesentlich größer. Die Musik entsteht aus der Ruhe, aus dem einzelnen Ton, aus der Figur, gleichsam als Befragung des Klangraums. Sie durchmisst Phasen der Dichte und der langen Klangkontinuen, die sich mit Aggregaten des Textes verbinden. Den „Ton“ des Werkes bestimmen ganz helle und dunkle, gedeckte Klangfarben, also Gegensätze, nicht Instanzen der Vermittlung.
Claudia Doderers Bühnenkonzept des „Raums im Raum“ arbeitet mit Proportionen, die den Zeitverhältnissen in der Musik entsprechen. Als Farben kommen nur Schwarz und Weiß, die elementaren Gegensätze, vor. Auf diese Weise tragen sich die visuellen Ereignisse im Grenz- und Überschneidungsbereich zwischen Graphik und Skulptur, zwischen Linie, Fläche und Raum zu. Proportionen und Choreographie sind so gewählt, dass sie jeder Bewegung Größe geben und sie über ihr physisches Maß hinaustragen.
In seiner Kompositionsweise folgt Klaus Lang dem traditionellen japanischen Grundsatz, die Dinge zu lassen, wie sie sind. Er verlangt keine verfremdenden Spieltechniken, Sänger wie Instrumentalisten musizieren ohne Vibrato. Das verleiht dem Ganzen einen direkten, reinen, bisweilen fragilen Klang. Klaus Lang und Claudia Doderer verzichten auf alle äußerlich japanischen Requisiten. Sie verfolgen eine Ästhetik der Konzentration, ein nicht dekoratives Theater, eine nicht ornamentale Musik.