Biennale Plus
Ensemble modern
Kurzinformationen:
Musik:
Brian Ferneyhough,
Claus-Steffen Mahnkopf,
Helmut Lachenmann
Orchester:
Ensemble modern
Dirigent:
Franck Ollu
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Biennale Plus
Ensemble modern
Brian Ferneyhough (*1943): Chronos-Aion, Konzert für Ensemble (2008)
Uraufführung
Auftragswerk des Ensemble Modern mit freundlicher Unterstützung der Freunde des EM e.V. und aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale
Claus-Steffen Mahnkopf (*1962): 3. Kammersymphonie (2007)
Uraufführung
Auftragswerk der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale
Helmut Lachenmann (*1935) GOT LOST... Musik für Stimme und Klavier (2008)
Uraufführung
Auftragswerk der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale
Helmut Lachenmann (*1935): Concertini (2004/5)
Auftragswerk von Betty Freeman und dem Lucerne Festival für das Ensemble Modern
zum Programm
Helmut Lachenmann, Brian Ferneyhough und Claus-Steffen Mahnkopf gehören verschiedenen Generationen an. Eines aber verbindet sie: die Auseinandersetzung um eine aktuelle Moderne, die um das „Altern der Avantgarde“ weiß.
Die Moderne begleitete ihr künstlerisches Schaffen mit gründlicher Selbstreflexion. An ihrem Anfang stand Kandinskys bahnbrechende Schrift: Über das Geistige in der Kunst. Was der Titel sagt, blieb eine Credo des Aufbruchs in allen Künsten. Von diesem Anspruch ist auch heute nichts zurückzunehmen. Er stellte sich nach der Zeit des Nationalsozialismus mit besonderer Dringlichkeit. Keiner wies deutlicher darauf hin als Helmut Lachenmann. Keiner verlangte beharrlicher vom Komponisten, den kritischen Gedanken ganz in musikalischen Konfigurationen auszuformen. Dass die denkende Konsequenz alles andere als Emotionsverzicht bedeutet, belegen die Reaktionen auf seine Werke, die aufgebrachten wie die zustimmenden. Concertini komponierte Lachenmann für das Ensemble Modern. „Es sind eigensinnige, undomestizierte Geräuschklänge, die im Labyrinth der Concertini herumirren und -schwirren, späte und überraschend neue Blüten eines kompositorischen Denkens, das aus dem Kampf gegen die Konvention noch immer Kraft zu schöpfen versteht. Im neuen Ensemblewerk entfalten sie eine ungewöhnliche Sprachfähigkeit und Ausdruckskraft.“ (Max Nyffeler)– Mit GOT LOST, der Komposition für die diesjährige Jubiläums-Biennale, beschreitet Lachenmann neue Wege. Die Besetzung ist klassisch reduziert: Singstimme und Klavier, wie im Kunstlied, die Texte Nietzsches und Pessoas in ihrer Diktion verständlich bewahrt. Lachenmann erweist sich auch hier als Komponist gegen präformierte Erwartungen. Wie Helmut Lachenmann wandte sich Brian Ferneyhough erst spät dem Musiktheater zu. LachenmannsMädchen mit den Schwefelhölzern hatte 1997 in Hamburg Premiere. Brian Ferneyhoughs erstes BühnenwerkShadowtime erlebte seine Uraufführung im Rahmen der Münchener Biennale 2004. Im Zentrum stehen Denken, Leben und Tod des Schriftstellers und Kulturphilosophen Walter Benjamin. Was er schrieb, zeichnet sich durch scharfen Verstand und durch die Fähigkeit aus, hinter die Dinge zu leuchten. Eben diese Spannung zwischen rationaler Genauigkeit und Offenheit für das, was wir noch nicht kennen, durchzieht auch Brian Ferneyhoughs Denken und Schaffen. Musik zu komponieren, ist ein rationaler Vorgang. Als Kunstform dringt sie in Bereiche vor, in denen sich unser Wissen nur unsicher bewegt. Die Öffnung zur Transzendenz geht bei Ferneyhough in den letzten Jahren mit punktuellen Durchsichten in die Vergangenheit einher. Musik wird transparent gegenüber dem, was war, und dem, was noch nicht ist. Den dialektischen Horizont der Zeit deutet der Titel seines neuen Werkes Chronos – Aion an: Chronos als gemessene, Aion als Lebenszeit, erfüllte oder unerfüllte, mit Hoffnung und Erinnerung, Erwartung und Rückblick. Claus-Steffen Mahnkopf studierte bei Ferneyhough. Auch er bezog seine erste Komposition für das Musiktheater auf Walter Benjamin. Angelus Novus wurde 2000 bei der Münchener Biennale uraufgeführt. Es enthält im Zentrum Mahnkopfs zweite Kammersymphonie. Die dritte Kammersymphonie wird nunmehr, als Weiterdenken ihrer Vorgängerin, bei der 11. Münchener Biennale erstmals aufgeführt. Der Begriff der Kammersymphonie ist zum Symbol des geistigen Aufbruchs geworden. Schönberg wählte den Titel vor gut hundert Jahren für ein Werk, das die Perspektiven zur Moderne öffnete. Claus-Steffen Mahnkopf widmete dem Schlüsselwerk eine ausführliche Betrachtung. So markieren die Kammersymphonien nicht nur in Mahnkopfs Œuvre Etappen einer Entwicklung. Sie stellen zugleich die Verbindung her zwischen der Zweiten Moderne, für die er leidenschaftlich plädiert, und der ersten, für die Schönbergs Name beispielhaft steht.