Vorübergehend geschlossen
Figurentheater
Brief informations:
Music:
Florian Heigenhauser
Buch:
Susanne Forster
Inszenierung:
Susanne Forster
Figuren und Bühne:
Stefan Fichert
Venue:
World premiere:
Gasteig/Black Box
Further performances:
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Vorübergehend geschlossen
Figurentheater
In der Musikinstrumentensammlung des Münchner Stadtmuseums gibt es eine Reihe wundervoller afrikanischer Volksinstrumente: Bogen- und Winkelharfen, Zithern und Fiedeln, Schlitztrommeln, Rasseln und anderes Schlagwerk. Sie sind nicht nur Instrumente, sondern zugleich Skulpturen, Darstellungen mythologischer Figuren – Klang und Bild in einem. Als ich sie vor etlichen Jahren zum erstenmal sah, wurde mir bewusst, dass ich unvermutet auf eine neue Dimension des Figurentheaters gestoßen war: Puppen, Marionetten, Stabfiguren, die aus sich selbst heraus tönen können – das gab es noch nicht. Die sichtbare, materialhafte Künstlichkeit, von der die Puppe lebt, hätte ihre akustische Entsprechung gefunden. Eine schöne Idee! Aber wie sie verwirklichen? [...]
Es beginnt mit einer Art ‚Material-brain-storming’. Welche Formen, welche Klänge? Viele Zeichnungen und eine Reihe verschiedenster Prototypen entstehen, mit denen wir dann im Ensemble der Marionettenschule zu arbeiten beginnen. Schnell werden uns unsere Grenzen bewusst. Wir sind alle keine ausgebildeten Musiker. [...]
Zurück an den Zeichentisch. Wie werden sie aussehen, die Protagonisten? Die Männer sind Krieger: viel Panzer und kleine Verletzlichkeiten, klirrende Rüstung, klingendes Metall, Brustkörbe wie Trommeln [...].
Solche Männer kann man sich vorstellen. Die Frauen aber, wie sehen sie aus? Frauen, die sich verweigern, die ihre Reize besitzen, aber sie männlichem Zugriff entziehen können, hör- und sichtbar, ohne Worte. Was kann sich öffnen und schließen, etwas Begehrenswertes verbergen, Ausdruck weiblicher Erotik sein und einen Klang erzeugen? Muscheln. –Muscheln gehen auf und zu, und manchmal verbergen sie eine Perle in ihrem Innern, und sie ähneln ein wenig den Kastagnetten. [...]
Diese Frauen können sich verweigern, deutlich und unmissverständlich. Aber wie wollen sie ausdrücken, worum es ihnen geht, den Frieden nämlich, der ihre Bedingung ist zur Beendigung des Streiks? Krieg, die Ausgangssituation des Stücks lässt sich darstellen, aber Frieden als Idee? Ein Symbol muss her! Doch nicht schon wieder diese weiße Taube. Was aber sonst? Jeder soll`s schließlich verstehen. Also doch die Taube – aber zerrupft, den sie ist überstrapaziert, zerrupft und komisch: eine lustige weiße Taube. Und sie bekommt eine Rolle, flatterhaft, wie lustige Tauben eben sind. Möglicherweise hat sie sogar das letzte Wort, denn im Figurentheater wollen wir Symbole wörtlich nehmen – und außerdem geht es vielleicht gar nicht nur um den Frieden...
(Text aus: Stefan Fichert, Vorübergehend geschlossen – Zur Entstehung der Klangfiguren)