Münchener Biennale

Gut vierzig Jahre ist es her, seit der französische Komponist und Dirigent Pierre Boulez sich mit der vielzitierten Aussage „Sprengt die Opernhäuser in die Luft“ der europäischen Operntradition zu entledigen suchte. Die Sprengung blieb aus, von der Krise des Musiktheaters jedoch ist bis heute die Rede. Es scheint, als habe die Entwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – von der Oper zur Anti-Oper (Kagel) zur Anti-Anti-Oper (Ligeti) – das Unendliche einmal durchschritten und stehe damit erneut am Beginn ihrer Möglichkeiten. Die Herausforderungen, denen sich das Musiktheater heute nicht zuletzt in kulturökonomischer Hinsicht stellen muss, sind gewachsen. Doch ebenso sind es die ästhetischen Potentiale, deren Entfesselung Perspektiven für die Zukunft öffnet, etwa im Zusammenspiel von Kunst und Medien. Als herausragendes Experimentierfeld des zeitgenössischen Musiktheaters möchte die 12. Münchener Biennale diesen Ansprüchen in Theorie und Praxis begegnen. Zum thematischen Reflektionsraum wird „Der Blick des Anderen“ im Sinne einer kulturellen, psychologischen oder auch poetischen Grenzüberschreitung, in deren Licht eine Befragung des Musiktheaters auf seine aktuelle künstlerische Relevanz hin geschieht.