Komponist

Karl Amadeus Hartmann

Karl Amadeus Hartmann

* 2. August 1905
† 5. Dezember 1963

Seine stets auf Humanität hinzielende Lebensauffassung ist all seinen Partituren eingeschrieben. Eine Warnung angesichts der Grausamkeiten dieser Welt, aber auch der Widerstand von ganz innen her: ein Widerruf der Geister, der Liebe und des Lebens. (Udo Zimmermann)
 
Karl Amadeus Hartmann wurde am 2. August 1905 in München geboren und kam schon früh mit Kunst und Musik in Berührung. Von 1924-1929 studierte er Posaune und Komposition an der Staatlichen Akademie der Tonkunst. Seine ersten, von Jazz, Dadaismus, Persiflage-Technik und der Neuen Sachlichkeit beeinflussten Kompositionen stellte Hartmann im Rahmen des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper vor. Auf dem IGNM-Fest in Prag 1935 errang Hartmann mit Miserae für Orchester erste internationale Anerkennung; im Jahr 1936 gewann er mit dem 1. Streichquartett den Genfer Carillon-Wettbewerb. Nach Studien bei Hermann Scherchen wurde er 1941/42 Schüler Anton Weberns, dessen Kompositionsstil sein Schaffen in den Folgejahren stark beeinflusste. 1945 wurde der Komponist zum Dramaturgen der bayerischen Staatstheater berufen. Hartmanns Bestrebungen, das Publikum nicht nur mit den Werken der klassischen Moderne, sondern auch mit der neusten Musik junger Komponisten vertraut zu machen, wurden zum Leitgedanken der musica viva Konzerte, deren Leitung Hartmann bis zu seinem Tode innehatte. Die apokalyptische Vision der Gesangsszene für Bariton und Orchester zu Worten aus "Sodom und Gomorrha"  blieb unvollendet und wurde posthum veröffentlicht. Hartmann starb am 5. Dezember 1963.

In der Folge der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933, die für den Komponisten Aufführungsverbot bedeutete, diente Hartmann das Komponieren als Bekenntnis zur Humanität. Einige seiner Werke gehen auf unmittelbare autobiographische Erlebnisse zurück. Die Sonate "27. April 1945" für Klavier entstand als Reaktion auf die Begegnung mit einem Zug von Häftlingen, die von der SS kurz vor Kriegsende aus dem Lager Dachau getrieben wurden. Die düstere Grundstimmung mischt sich mit dem Ausdruck von Solidarität und der Hoffnung auf die Erlösung von der Gewaltherrschaft. Jüdisch beeinflusste Melodiefragmente ziehen sich durch die von Scherchen angeregte, 1934/35 komponierte (1956/57 revidierte) Oper Simplicius Simplicissimus, die Lied und Choral einbezieht. Das Libretto nach Grimmelshausens Barockroman beschwört die Würde des Einzelnen gegenüber einer Welt der Grausamkeit und stellt Bezüge zwischen Dreißigjährigem Krieg und Faschismus her.
 
Neben dem 1939 entstandenen Violinkonzert (Concerto funebre) stehen als eindrucksvolles bekenntnishaftes Zeugnis die acht Symphonien im Zentrum von Hartmanns Instrumentalschaffen. In der Nachkriegszeit hatte der Komponist damit begonnen, seine umfangreichen, in der inneren Emigration verfassten symphonischen Skizzen zu überarbeiten. Während Vorstufen der mit dem Untertitel „Versuch eines Requiems“ auf das Jahr 1935 zurückgehen, basiert die 3. Symphonie (1948/49) auf einer „Sinfonia tragica“ von 1940. Auch die 1951 vollendete Symphonie Concertante (5. Symphonie) übernimmt Material aus einer zuvor konzipierten Komposition, dem burlesquen Concertino für Trompete und Bläserensemble (1933). Im Rahmen eines Kompositionsauftrages des Bayerischen Rundfunks überarbeitete Hartmann seine Symphonie "L’Oeuvre“ nach Zola, die 1953 als 6. Symphonie ihre Uraufführung erlebte. Die Premiere der 8. Symphonie fand 1963 in Köln statt. Mit seinem Nebeneinander von Scherzo-, Fugen- und Finalelementen wirkt das Werk als konzentrierte Summa des gesamten sinfonischen und konzertanten Schaffens Karl Amadeus Hartmanns.

Ab 1948 steigerten sich die Aufführungszahlen der Kompositionen Hartmanns stetig. 1949 wurde ihm der Musikpreis der Stadt München verliehen. Es folgten der Kunstpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1950), die Arnold-Schönberg-Medaille der IGNM (1954), der Große Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen (1957) sowie der Ludwig-Spohr-Preis der Stadt Braunschweig (1959), der Schwabinger Kunstpreis (1961) und der Bayerische Verdienstorden (1959). Hartmann wurde zum Mitglied der Akademie der Schönen Künste Münchens (1952) und Berlins (1955) und erhielt 1962 die Ehrendoktorwürde der Spokane University in Washington.

(Foto: Schott-Verlag)