Orpheus Kristall
Opera in two medias
Kurzinformationen:
Musik:
Manfred Stahnke
Libretto:
Simone Homem de Mello
Musikalische Leitung:
Peter Hirsch
Konzept und Regie:
Bettina Wackernagel
Bühne:
Stefanie Wilhelm
Kostüme:
Claudia Jung
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Weitere Vorstellungen:
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Gasteig/Carl-Orff-Saal
Orpheus Kristall
Opera in two medias
Der Orpheus-Stoff lebt unter anderem aus der Spannung zwischen zwei Welten. Die eine steht jedem zum leben und zur Erfahrung offen. Die andere haben alle vor sich, aber keiner kennt sie. Die eine ist real, die andere virtuell. Mythen gewinnen ihren Reiz dadurch, dass sie erzählend Blicke in sonst verschlossene Gebiete gewähren. Orpheus, der Sänger, der seine Liebste verlor [...], darf in die Unterwelt, um Eurydike zu sehen und sie zurückzuholen. Die Erfüllung dieses Herzenswunsches ist jedoch an Bedingungen geknüpft, die Liebende eher auseinander als wieder zusammenbringen können. Er betritt eine virtuelle Welt, und sie wird ihm zur realen Erfahrung. So überliefert es die Sage.
Die Grundspannung des Mythos wird für „Orpheus Kristall“ in doppelter Weise bedeutsam: als Spannung zwischen Bühneninszenierung und Internetauftritt, und durch eingeblendete musikalische Interaktionen aus dem Internet in den Lauf der Oper. Das World Wide Web wird zum Mittler zwischen den Welten, zur Verbindung nach draußen, zum Ort der Gedanken, die über das Hier und Jetzt hinaus wollen, und damit auch zum Medium für Orpheus´ Selbstvergewisserung. Die Partitur von Manfred Stahnke sieht unterschiedliche große Fenster vor, durch die Musik aus dem Internet in die Opernaufführung dringen kann. Die Musik „von draußen“ ist stets auf Orpheus oder seine „anima“, die Percussion, bezogen und wird nach ihrem Weg durch das Netz bearbeitet, gefiltert und an bestimmte Grundgegebenheiten der Livemusik angepasst. Sie durchläuft gleichsam die innere Welt des Orpheus, ehe sie an unser Ohr dringt. Vermittler dieses Prozesses ist ein bestimmtes Computerprogramm, das Georg Hajdu entwickelt hat: „quintet.net“. Es ermöglicht Musikern, via Internet miteinander zu kommunizieren, sich gegenseitig Musik zuzuspielen, das hereingekommene als Material zu verwenden, es zu variieren, seine Klangfarben zu verändern und vieles andere mehr. Über dieses Programm erhalten neun Musiker an verschiedenen Orten dieser Welt das zugespielt, was Orpheus in München auf der Bühne singt oder was die Percussion spielt, und sie improvisieren dazu. Was sie spielen, wird wiederum via „quintet.net“ in den Carl-Orff-Saal geschickt und wird dort an bestimmten, in der Partitur vorgesehenen Stellen in vielfältig bearbeiteter Form in die Aufführung geblendet, immer dort, wo die Konstellationen von Szene und Musik dies nahe legen. Das ist die erste „globale“ Ebene der Partitur.
(Text aus: Habakuk Traber, „Orpheus Kristall, Spannung zwischen zwei Welten “)