MR - Marina und Rainer
Kammeroper-Romanze
Brief informations:
Music:
Nikolai Korndorf
Libretto:
Julij A. Lurje
Musikalische Leitung:
Samuel Bächli
Inszenierung:
Matthias Schönfeldt
Bühne und Kostüme:
Klaus Hellenstein
Venue:
World premiere:
Muffathalle
MR - Marina und Rainer
Kammeroper-Romanze
[…] Der Moskauer Drehbuchautor Julij Lurje schlug mir einige Stoffe vor, aus denen ich die Geschichte der ungewöhnlichen Liebe des deutschen Dichters Rainer Maria Rilke (1875-1926) zu der berühmten russischen Dichterin Marina Iwanowa Zwetajewa (1892-1941) auswählte. Dieser Stoff entsprach allen meinen Vorstellungen. Außerdem erforderte er keine traditionelle äußere Handlung. Mich zog die Einmaligkeit der Lebenssituation an, deren Helden sich nie trafen, sich nie auch nur von fern sahen und sich doch in einem bestimmten Augenblick ihres Lebens geistig sehr nahe waren. Im Schicksal dieser beiden Dichter manifestiert sich auch die traditionsreiche Verbindung zwischen der deutschen und russischen Kultur. Rilke war zweimal in Russland, traf Tolstoi und Repin, reiste an die Wolga und in die Ukraine, übersetzte das Slowo o polku Igorjewe (Igor-Lied) sowie Gedichte von Lermontow und anderen Schriftstellern ins Deutsche. Am 21. Januar 1920 schrieb er an Leopold Schlözer: ‚Wodurch ich mit Russland verbunden bin? Es hat aus mir das gemacht, was ich bin; aus ihm bin ich innerlich hervorgegangen, alle meine Tiefenquellen sind dort!’ Bei Marina Zwetajewa finden wir folgendes Geständnis: ‚Deutschland ist meine Leidenschaft, meine Heimat, die Wiege meiner Seele.’
In der Literaturgeschichte finden sich noch andere Beispiele einer Liebeskorrespondenz zwischen Dichtern aus älterer Zeit. So treten in der Oper auch Sappho und Alkaios aus dem antiken Griechenland (7./6. Jh. v. Chr.) auf; ebenso Otomo nō Yakamochi und Sakanoue aus dem Japan des 8. Jh. n. Chr. Auch sie demonstrieren das Zueinanderstreben, die gegenseitige Anziehung der Dichterseelen und die tragische Unmöglichkeit ihrer Vereinigung.
Neben den sechs Sängern treten in der Oper auch drei Pantomimendarsteller auf. Zwei dieser Figuren verkörpern das Wesen von Zwetajewa und von Rilke, indem sie darstellen, was sich hinter ihren Worten verbirgt. Die dritte hingegen stellt die Krankheit Rilkes dar, das Schicksal und den Tod. [...]
(Text aus: Nikolai Korndorf, Über die Oper)