Judith und Holofernes
Figurentheater
Kurzinformationen:
Musik:
David Lang
Buch:
David Lang
Musikalische Leitung:
Roger Epple
Inszenierung:
Andreas Hartl
Bühne:
Hansjörg Hartung
Figuren:
Hansjörg Hartung und Teilnehmer der Marionettenschule der Münchener Biennale
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Gasteig/Black Box
Weitere Vorstellungen:
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Gasteig/Black Box
Judith und Holofernes
Figurentheater
[...] "Die Geschichte von Judith und Holofernes stammt nicht direkt aus der Bibel. Sie stammt aus der Septuaginta, der vor ungefähr 2300 Jahren von hellenischen Juden ins Griechische übersetzten Bibel. In der Septuaginta finden sich noch einige zusätzliche Geschichten, wie eben Judith und Holofernes und Susannah im Bade. Diese Parabeln waren der jüdischen Gemeinde so geläufig, daß sie fast den Status biblischer Texte erlangten. Die Geschichten sind allgemein bekannt und seit langer Zeit beliebte Themen in der Malerei, im Drama und in der Musik. Es sind sehr vertraute Geschichten.
Dies wurde für mich zum größten Problem: Wie kann bei einer Geschichte, die schon jeder kennt, ein dramatischer Aufbau gelingen? Zuerst versuchte ich, diese Geschichte wie einen Cartoon zu behandeln, indem ich die Musik auf die gerade vorherrschenden Emotionen abstimmte. Da die Geschichte aber so bekannt ist, erwies sich dies als unmögliche Verfahrensweise. Darüber hinaus wurde mir klar: Wenn das Publikum vom Bühnengeschehen nicht mehr überrascht werden kann, dann können es die Figuren vielleicht auch nicht. Vielleicht war es das Schicksal dieser Figuren, ihren freien Willen und ihre Fähigkeit, aus eigenem Antrieb zu handeln, vergessen und in Katonie verfallen zu müssen. Weil sie ihre Rollen schon 2300 Jahre lang spielen, sind sie von den eigenen Handlungen nicht mehr überrascht oder bewegt. Sie stehen nur noch unter Wiederholungszwang. Nach dieser Erkenntnis änderte sich die ganze Geschichte für mich grundlegend. [...]
Wenn im Fernsehen irgendein furchtbares Ereignis dargestellt wird, dann wird es nie in voller Geschwindigkeit gezeigt. Es wird vielmehr quälend verlangsamt, in Naheinstellungen gezeigt, und die Bilder werden ständig wiederholt, bis ihre Zwangsläufigkeit außer Frage steht. Wenn Sie sich zum Beispiel an die Ermordung Präsident Kennedys erinnern: Wir haben die Aufnahmen so oft gesehen, daß das Entsetzen nicht mit einem bestimmten Augenblick verbunden ist, sondern mit dem ganzen Filmstreifen. Und so begann ich, Judith und Holofernes nicht als Individuen auf einer Bühne zu sehen, sondern als für immer in der Zeit gefangene Figuren, die die Bewegungen bis zur Unvergesslichkeit wiederholen. [...]
(Text aus: David Lang, Judith und Holofernes)