Hellhörig
Musiktheater für Sopran, Mezzosopran, Bariton, drei Celli, Klavier und vier Schlagzeuger
Kurzinformationen:
Musik:
Carola Bauckholt
Konzept:
Carola Bauckholt
Musikalische Leitung:
Erik Oña
Installation:
Georges Delnon, Roland Aeschlimann
Kostüme:
Marie-Thérèse Jossen
Video:
Christoph Schödel
Veranstaltungsort:
Uraufführung:
Reithalle
Weitere Vorstellungen:
Reithalle
Reithalle
Hellhörig
Musiktheater für Sopran, Mezzosopran, Bariton, drei Celli, Klavier und vier Schlagzeuger
Hellhörig – in der Umgangssprache ist der Begriff zwiespältig besetzt. Er deutet einerseits Geräuschdurchlässigkeit an, lässt unfreiwillige Mitteilung oder Zeugenschaft befürchten. Andererseits bezeichnet er einen Zustand gesteigerter Aufmerksamkeit. Mit beiden Bedeutungen spielt Carola Bauckholt in ihrer Oper für die Münchener Biennale. Ihre Musik ist „geräuschdurchlässig“. Geräusche spielen in ihr sogar die Hauptrolle. hellhörig nannte sie „ein Theater der Geräusche“. Die akustischen Ereignisse, die den traditionell guten Ton weit überschreiten, geben diesem Werk nicht nur das Material, sondern übernehmen Funktionen und Bedeutungen, die im herkömmlichen Theater den „dramatis personae“ zukamen. Und Carola Bauckholt zielt mit dieser Produktion wie mit allen ihren Werken auf eine Sensibilisierung, eine Schärfung der Wahrnehmung, auf eine Haltung gesteigerter Aufmerksamkeit, die vom Hören ausgeht.
Für hellhörig gibt es keinen Text, kein Libretto. Das Stück kommt ganz ohne Worte aus – und ist doch konzentrierte Ausdruckskunst. Räume und Situationen werden durch ihren Klang beschrieben, werden unter die Hör-Lupe genommen, abgetastet, befühlt und verändert. Die Musik zieht das, was im Alltag allgegenwärtig nahe ist, aus dem Schein des Selbstverständlichen heraus, versetzt es in neue Konstellationen und rückt es in den Brennpunkt konzentrierter Wahrnehmung. „Das Geräusch selbst ist der Gegenstand der Oper. Geräusche sprechen und erzählen von sich aus“. (Carola Bauckholt) Gewohntes, vorgefundenes akustisches Material wird in gestaltetes verwandelt, wird aus seinem ursprünglichen Bedeutungsfeld gelöst und in neue Kraftfelder versetzt.
Zwei Klangwelten treffen aufeinander und verschränken sich: Musik, die live gemacht wird, und solche, die über Lautsprecher eingespielt wird. Letztere ist vorproduziert; sie wird nicht durch live-elektronische Umwandlung aus dem Gespielten und Gesungenen gewonnen.
Die MusikerInnen auf der Bühne agieren zum Teil mit den Instrumenten, in denen sie geschult und ausgebildet wurden: mit ihren Stimmen, mit Violoncelli, Klavier und Schlagzeug, aber auch mit anderen Klangerzeugern, mit Alltagsgegenständen. Die live produzierten Geräusche schlagen die Brücke von der vorproduzierten musique concrète zum traditionellen Ton der Instrumente und Stimmen, der hier nur als eine der unendlich vielen Möglichkeiten musikalischen Materials erscheint.
Licht und Videoprojektionen ergänzen und erweitern das Theater der Klänge. Sie schaffen Atmosphäre, gestalten den Raum, zu dem die kreisförmige Bühne, die in der Art einer Arena aufgebauten Zuschauerplätze und der umgebende, freie Raum in der Reithalle gehören. Das Theater der Geräusche ist eine zugleich konzentrierte und offene Form. Dieses Kräftespiel bestimmt auch die visuelle Seite des Werkes. Licht und Projektionen, gleichsam kontrapunktische Dimensionen zum Klanggeschehen, ziehen den großen dramaturgischen Bogen durch das Werk. Er kann als eine Art Aufwärtsbewegung beschrieben werden.